24 Οκτωβρίου 2015

Die jungen Leute sind am meisten betroffen

Seit Jahren hört man es täglich in deutschen Medien: Europa in der Krise, Griechenland in der Krise. Doch was bedeutet das für die Menschen in Griechenland konkret? Wie hat sich ihr Leben verändert? Steffen Haake hat bei zwei Griechen nachgehorcht.

Fotinos Pagiavlas, Verkehrspolizist und gewählter Gewerkschaftsvertreter in Athen, und Dimitris Makrystathis, Vorsitzender der NGO Youthnet Hellas und Mitglied im Jugendbeirat des Europarats, müssen nicht lange nachdenken, wenn man sie nach den Auswirkungen der Krise auf ihr Leben fragt.

25 Prozent weniger Lohn
Pagiavlas arbeitet sechs Tage pro Woche, darunter mindestens zwei Nachtschichten. Der Polizist kontrolliert den Verkehr und sorgt auch bei Demonstrationen oder Staatsbesuchen für Sicherheit. „Mir macht es nichts aus, mitten auf einer Kreuzung zu stehen oder Proteste abzusichern, das sind Aufgaben, die gemacht werden müssen“, sagt Pagiavlas. Monatlich bekommt er dafür 1.000 Euro Lohn, früher waren es 1.300 Euro – wegen der Krise sind die Löhne um durchschnittlich 25 Prozent gekürzt worden.

Doch Geld ist es nicht, das ihn antreibt, sich in der Gewerkschaft für die Rechte seiner Kolleginnen und Kollegen einzusetzen. „Für mich waren die Lohnkürzungen nicht so schlimm, ich mache einfach keine Reisen mehr“, scherzt Pagiavlas. Der Antrieb für sein Engagement liegt in seiner Überzeugung von einer offenen Gesellschaft: So war er der erste Athener Polizei-Gewerkschafter, der an einer Demonstration für die Rechte Homosexueller teilnahm. „Ich selbst habe eine Freundin und möchte auch eine Frau heiraten. Aber ich hielt es für wichtig, mich für die Rechte meiner schwulen Kollegen einzusetzen“, sagt er. Keine Selbstverständlichkeit. Nach der Demo hätten ihn zwar einige bewundert, aber viele seiner Kollegen hätten nicht mehr mit ihm geredet.

Kampf gegen Rechts
Seitdem Europa in der Krise ist und Griechenland besonders unter der Austeritätspolitik beziehungsweise den staatlichen Sparmaßnahmen leidet, ist Pagiavlas der Kampf gegen Rechts ein besonderes Anliegen. Schließlich fürchtet er den Aufstieg nationalistischer und rassistischer Bewegungen, die die Menschen mit einfachen Erklärungen für komplexe Probleme verführen.

Daher beteiligt er sich an einem Projekt des Athener Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung gegen rechte Organisationen. Auf diese Weise hofft er daran mitwirken zu können, Griechenland durch die Krise in eine bessere Zukunft zu manövrieren.

Die verlorene Generation
Die Zukunft ist es auch, die Dimitris Makrystathis beschäftigt – denn die gehört schließlich der Jugend, für die er sich mit Youthnet Hellas im Jugendbeirat des Europarates einsetzt. „Die Jugend ist aber auch die Gegenwart. Wir sind jetzt da, wir wollen jetzt mitreden“, sagt Makrystathis.

Er ist sich sicher: Jugendliche sind die Menschen, die am meisten unter der Krise zu leiden haben. Er nennt seine Generation die „verlorene Generation“, da sie ihrer Chancen beraubt wurde. Doch es gibt noch eine weitere Generation – die fehlende: Geht man durch die Straßen Athens, so fällt auf, dass es wenige Kinder gibt. Makrystathis und Pagiavlas sind sich einig: „Die Leute bekommen keine Kinder, weil sie es sich nicht mehr leisten können“, klagen sie. Auch Pagiavlas hat deshalb bisher auf Kinder verzichtet. „Einige meiner Kollegen haben Kinder und einen Kredit, die wissen nicht mehr, wie sie das bezahlen sollen.“

Weiter kämpfen
Das sind düstere Aussichten, die für die beiden engagierten Griechen jedoch Ansporn sind, weiter zu machen. Makrystathis will sich weiter im Jugendbeirat des Europarates einsetzen und der Jugend auf europäischer Ebene mehr Gehör verschaffen. Pagiavlas wird in verschiedenen Netzwerken weiter gegen Rechts, Diskriminierung und fallende Löhne kämpfen.



Bookmark and Share
Read more...

9 Οκτωβρίου 2015

Die Situation ist für die Jugend alles andere als rosig

Youthnet Hellas ist eine Jugend-NGO, die landesweit verbreitet ist und mehrfach für ihr Engagement ausgezeichnet wurde. Eine Besonderheit ist, dass sie als erste griechische Organisation überhaupt, einen Jugendbericht herausgegeben hat. Wir haben mit Dimitris Makrystathis, dem Vorsitzenden von Youthnet Hellas gesprochen – auch über die Perspektiven des deutsch-griechischen Austauschs.

Herr Makrystathis, sagen Sie uns ein paar Worte zu der Organisation und den Aktivitäten von Youthnet Hellas.

Dimitris Makrystathis: Youthnet Hellas ist eine Nichtregierungsorganisation, eine gemeinnützige Einrichtung, die die aktive Beteiligung der Jugend auf lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene mittels Aktionen und Interventionen anstrebt. Ihr Ziel ist es, die Jugend auf der Grundlage von thematischen Initiativen zu vernetzen und die Umsetzung der Internationalen und Europäischen Jugendpolitik in Griechenland zu beobachten. In den letzten fünf Jahren haben über 600 Jugendliche aus ganz Griechenland über Youthnet Hellas an mehr als 180 geförderten europäischen Programmen teilgenommen. Dies gab ihnen die Gelegenheit, an gemeinsamen Aktionen teilzunehmen, Erfahrungen zu Themen von europäischem Interesse zu sammeln und dynamisch zur Gestaltung einer gesunden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Realität beizutragen.

Die Arbeit von Youthnet Hellas erlangte auf europäischer Ebene Anerkennung und wurde ausgezeichnet. Wichtigste Auszeichnung ist der uns vom Europäischen Parlament verliehene  Europäische Bürgerpreis 2013, durch den unsere innovative Arbeit in den letzten Jahren für das Verfassen des „Jahresberichts zum Bereich Jugend in Griechenland“ gewürdigt wurde, ebenso wie unsere starken Bemühungen, die Mobilität der Jugend in den Staaten Europas zu fördern. Des Weiteren wurde auf dem 8. Jugendforum in Paris das Projekt mit dem Titel “Training for Developing Youth Reporting Capacities (You.Re.Ca.)” mit dem Youth Label der UNESCO, das für Qualität und Exzellenz steht, ausgezeichnet.

Worum geht es bei diesem Projekt?

Dimitris Makrystathis: Von den 1.532 Vorschlägen, die aus aller Welt eingereicht wurden, befand sich der Vorschlag von Youthnet Hellas unter den 15, die weltweit ausgezeichnet wurden, und unter den 3 aus dem geographischen Raum Europa und Nordamerika. Unser Vorschlag konzentriert sich auf die Ausbildung von Jugendlichen, die an der Spitze von Jugendorganisationen oder NGOs stehen, um Fähigkeiten zu erwerben, die ihnen beim Verfassen der Nationalen Jugendberichte eine Hilfe sein werden. Im Juli 2015 wurden 50 Jugendliche aus 41 Ländern im Bereich des youth policy reporting ausgebildet, um einen bewussteren Umgang mit den Problemen der Jugend und eine aktivere Beteiligung der Jugend bei Entscheidungsprozessen zu erzielen. Erfahrene Ausbilder von Youthnet Hellas haben das durch Forschung und das Verfassen des Jahresberichts in diesen Jahren erworbene Know-how an Jugendliche aus unterschiedlichen Ländern vermittelt mit dem Ziel, ähnliche innovative Initiativen bei sich zu Hause zu entwickeln.

Haben Sie in der Vergangenheit Kooperation mit deutschen Organisationen gehabt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Dimitris Makrystathis: Youthnet Hellas hat in den letzten Jahren kontinuierlich mit deutschen Organisationen und Trägern zusammengearbeitet, und es gibt ein reges und ungetrübtes Interesse von beiden Seiten für eine weitere Vertiefung der Beziehungen zwischen beiden Ländern und die engere Kooperation im Bereich der Jugend. Unsere bisherigen Erfahrungen sind hervorragend und wir hoffen, dass dies auch in Zukunft so bleibt, bzw. dass sie noch weiter ausgebaut werden. Als Beispiel möchte ich ein deutsch-griechisches Seminar erwähnen, das wir vor kurzem in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert Stiftung und der Organisation aktuelles forum e. V. in Athen durchführten. Auch ist aktuell ein neues Jugendaustauschprogramm in Zusammenarbeit mit dem Träger Sächsische Jugendstiftung in der Planung, dessen Finanzierung schon steht und im Oktober in der Stadt Larissa stattfinden wird. 

Welche Ratschläge würden Sie an deutsche Träger geben, die an einer Kooperation mit Griechenland interessiert sind?

Dimitris Makrystathis: Was wir mit Sicherheit sagen und auch am Beispiel unserer eigenen Organisation bestätigen können, ist, dass viele griechische Organisationen immer offen gegenüber einer Zusammenarbeit mit deutschen Trägern sind, gerade in der heutigen Konstellation, wo die soziale und wirtschaftliche Situation in Europa die Beziehungen zwischen den beiden Ländern beeinflusst hat. Die Dutzende von gemeinsamen deutsch-griechischen Projekten, die aktuell durchgeführt werden, sind außerdem der Beweis für die systematische und effiziente Zusammenarbeit, die es zwischen uns gibt. Die deutschen Träger können zuverlässige griechische NGOs suchen, indem sie auch auf frühere Kooperationen der Organisationen zurückgreifen, und ihre Vorschläge in Deutschland bzw. in Griechenland einreichen.

Zu den besonderen Aktivitäten von  Youthnet gehört auch das Verfassen des umfangreichen Jahresberichts der Jugend. Wer schreibt ihn, an wen ist der Bericht adressiert und wer liest ihn schließlich? Welches Feedback hatten Sie bisher?

Dimitris Makrystathis: Allen Widrigkeiten der heutigen Zeit zum Trotz und mit großem Tatendrang hat eine Gruppe von jungen Freiwilligen aus ganz Griechenland die Initiative ergriffen, eine Studie, nämlich den Jahresbericht für die Jugend 2009, zu erstellen. Die konkrete Studie hat eine besondere Bedeutung, zumal sie erstmals in Griechenland von einem unabhängigen Träger durchgeführt wurde. Das soziale und politische Engagement der jungen Menschen, die Gesetzgebung, die sie betrifft, die Bildungsstrukturen, die modernen Formen der Kommunikation, die Programme – griechische und europäische –, zu denen sie Zugang haben, ebenso wie ihre Finanzierungsquellen waren einige der Aspekte, um die es in diesem gesamtgriechischen Bericht geht, dessen Ambition es ist, sich im Bereich der Jugend-NGOs zu etablieren. Diese Initiative wird bis heute mit großem Erfolg fortgesetzt. Alle Berichte befinden sich bereits in Hochschul- und Fachhochschulbibliotheken in ganz Griechenland und sind kostenlos zugänglich für die Öffentlichkeit – ob für Forschungszwecke oder zur persönlichen Information von interessierten jungen Menschen.

Für wann ist die Veröffentlichung des neuen Berichts vorgesehen?

Dimitris Makrystathis: Wir hoffen, dass Ende 2015 die Neuausgabe unseres Berichts fertig gestellt sein wird. Wir legen besonderen Wert auf die Qualität des Materials und wir konzentrieren uns auf die Dokumentation  der Daten und die möglichst effizienteste Präsentation der Fakten.

Vor einiger Zeit haben Sie gesagt, dass die Situation in Griechenland im Hinblick auf die Jugend relativ desolat sei. Wie sollen wir uns das vorstellen?

Dimitris Makrystathis: Leider ist die Situation alles andere als rosig für die Jugend in Griechenland. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt konstant bei über 50% und viele Jugendliche – die meisten gut qualifiziert – sehen sich gezwungen, ins Ausland auszuwandern. Auf der anderen Seite sind die staatlichen Förderstrukturen für die Jugend fast nicht vorhanden oder werden kaum bedient, aufgrund ihrer Unterfinanzierung bzw. des schlechten Managements. All das führt dazu, dass die Mehrheit der jungen Menschen pessimistisch bezüglich ihre Zukunft sind, und trägt zur Verschärfung der sozialen Probleme bei, wie beispielsweise die Zunahme des Extremismus.

Im Juli haben Sie im Rahmen der Vorbereitungsarbeit für das Deutsch-Griechische Jugendwerk als Vertreter von Youthnet am Treffen mit deutschen Akteuren teilgenommen. Was hat diese Begegnung Youthnet gebracht  - auch im Hinblick auf zukünftige Aktivitäten?

Dimitris Makrystathis: Diese Begegnung mit den deutschen Trägern war besonders wichtig für uns. Leider hatten wir wegen des dichten Programms und des engen Zeitplans nicht die Möglichkeit gehabt, unsere „Vision“ dieser neuen Institution vollständig darzustellen. Wir hatten allerdings Gelegenheit zu einem Meinungsaustausch mit den deutschen Akteuren, über Themen von gemeinsamem Interesse zu diskutieren und zukünftige Aktionen gemeinsam mit der deutschen Seite zu planen. Auch konnten wir das Bild der griechischen Jugend in den Zeiten der Krise präsentieren, aber auch wertvolles Wissen über Bereiche und Aktionen bekommen, die für uns von Interesse sind. Dieses Treffen war im Grunde ein wertvoller Austausch und wir hoffen, dass es bald wieder stattfindet.

Und eine letzte Frage: Wie „träumen“ Sie von einem solchen Jugendwerk?

Dimitris Makrystathis: Wir sind uns der Schwierigkeiten, die mit der Errichtung eines Deutsch-Griechischen Jugendwerks einhergehen, bewusst. Wir hoffen aber, dass es Fortschritte geben wird und dass es sehr bald Realität wird. Wir glauben, dass diese Institution den Trägern der Jugendarbeit in Griechenland wie in Deutschland den notwendigen Impuls geben wird, um mehr gemeinsame Aktionen zu entwickeln und sich näher zu kommen. Die bilaterale Kooperation unserer Länder ist besonders jetzt wichtig, wo die Jugend hart geprüft wird. Dieses Jugendwerk soll einen „Knotenpunkt“ und ein „Bindeglied“ zwischen der Zivilgesellschaft Griechenlands und Deutschlands darstellen, sie stärken und ihre Initiativen mit Taten unterstützen!

Wir danken Ihnen sehr!

Bookmark and Share
Read more...
Related Posts with Thumbnails

  © Blogger templates Newspaper III by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP