Die Situation ist für die Jugend alles andere als rosig
Youthnet Hellas ist eine
Jugend-NGO, die landesweit verbreitet ist und mehrfach für ihr Engagement
ausgezeichnet wurde. Eine Besonderheit ist, dass sie als erste griechische
Organisation überhaupt, einen Jugendbericht herausgegeben hat. Wir haben mit
Dimitris Makrystathis, dem Vorsitzenden von Youthnet Hellas gesprochen – auch
über die Perspektiven des deutsch-griechischen Austauschs.
Herr Makrystathis, sagen Sie
uns ein paar Worte zu der Organisation und den Aktivitäten von Youthnet Hellas.
Dimitris Makrystathis: Youthnet Hellas ist eine Nichtregierungsorganisation,
eine gemeinnützige Einrichtung, die die aktive Beteiligung der Jugend auf
lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene mittels Aktionen
und Interventionen anstrebt. Ihr Ziel ist es, die Jugend auf der Grundlage von
thematischen Initiativen zu vernetzen und die Umsetzung der Internationalen und
Europäischen Jugendpolitik in Griechenland zu beobachten. In den letzten fünf
Jahren haben über 600 Jugendliche aus ganz Griechenland über Youthnet Hellas an
mehr als 180 geförderten europäischen Programmen teilgenommen. Dies gab ihnen
die Gelegenheit, an gemeinsamen Aktionen teilzunehmen, Erfahrungen zu Themen
von europäischem Interesse zu sammeln und dynamisch zur Gestaltung einer
gesunden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Realität beizutragen.
Die Arbeit von Youthnet Hellas erlangte auf
europäischer Ebene Anerkennung und wurde ausgezeichnet. Wichtigste Auszeichnung
ist der uns vom Europäischen Parlament verliehene Europäische Bürgerpreis 2013, durch den
unsere innovative Arbeit in den letzten Jahren für das Verfassen des „Jahresberichts
zum Bereich Jugend in Griechenland“ gewürdigt wurde, ebenso wie unsere starken
Bemühungen, die Mobilität der Jugend in den Staaten Europas zu fördern. Des
Weiteren wurde auf dem 8. Jugendforum in Paris das Projekt mit dem Titel
“Training for Developing Youth Reporting Capacities (You.Re.Ca.)” mit dem Youth
Label der UNESCO, das für Qualität und Exzellenz steht, ausgezeichnet.
Worum geht es bei diesem
Projekt?
Dimitris Makrystathis: Von den 1.532 Vorschlägen, die aus aller Welt
eingereicht wurden, befand sich der Vorschlag von Youthnet Hellas unter den 15,
die weltweit ausgezeichnet wurden, und unter den 3 aus dem geographischen Raum
Europa und Nordamerika. Unser Vorschlag konzentriert sich auf die Ausbildung
von Jugendlichen, die an der Spitze von Jugendorganisationen oder NGOs stehen,
um Fähigkeiten zu erwerben, die ihnen beim Verfassen der Nationalen
Jugendberichte eine Hilfe sein werden. Im Juli 2015 wurden 50 Jugendliche aus
41 Ländern im Bereich des youth policy reporting ausgebildet, um einen bewussteren
Umgang mit den Problemen der Jugend und eine aktivere Beteiligung der Jugend
bei Entscheidungsprozessen zu erzielen. Erfahrene Ausbilder von Youthnet Hellas
haben das durch Forschung und das Verfassen des Jahresberichts in diesen Jahren
erworbene Know-how an Jugendliche aus unterschiedlichen Ländern vermittelt mit
dem Ziel, ähnliche innovative Initiativen bei sich zu Hause zu entwickeln.
Haben Sie in der Vergangenheit
Kooperation mit deutschen Organisationen gehabt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Dimitris Makrystathis: Youthnet Hellas hat in den letzten Jahren
kontinuierlich mit deutschen Organisationen und Trägern zusammengearbeitet, und
es gibt ein reges und ungetrübtes Interesse von beiden Seiten für eine weitere
Vertiefung der Beziehungen zwischen beiden Ländern und die engere Kooperation
im Bereich der Jugend. Unsere bisherigen Erfahrungen sind hervorragend und wir
hoffen, dass dies auch in Zukunft so bleibt, bzw. dass sie noch weiter
ausgebaut werden. Als Beispiel möchte ich ein deutsch-griechisches Seminar
erwähnen, das wir vor kurzem in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert Stiftung
und der Organisation aktuelles forum e. V. in Athen durchführten. Auch ist
aktuell ein neues Jugendaustauschprogramm in Zusammenarbeit mit dem Träger Sächsische
Jugendstiftung in der Planung, dessen Finanzierung schon steht und im Oktober
in der Stadt Larissa stattfinden wird.
Welche Ratschläge würden Sie an
deutsche Träger geben, die an einer Kooperation mit Griechenland interessiert
sind?
Dimitris Makrystathis: Was wir mit Sicherheit sagen und auch am Beispiel
unserer eigenen Organisation bestätigen können, ist, dass viele griechische
Organisationen immer offen gegenüber einer Zusammenarbeit mit deutschen Trägern
sind, gerade in der heutigen Konstellation, wo die soziale und wirtschaftliche
Situation in Europa die Beziehungen zwischen den beiden Ländern beeinflusst
hat. Die Dutzende von gemeinsamen deutsch-griechischen Projekten, die aktuell
durchgeführt werden, sind außerdem der Beweis für die systematische und
effiziente Zusammenarbeit, die es zwischen uns gibt. Die deutschen Träger
können zuverlässige griechische NGOs suchen, indem sie auch auf frühere
Kooperationen der Organisationen zurückgreifen, und ihre Vorschläge in
Deutschland bzw. in Griechenland einreichen.
Zu den besonderen Aktivitäten
von Youthnet gehört auch das Verfassen
des umfangreichen Jahresberichts der Jugend. Wer schreibt ihn, an wen ist der
Bericht adressiert und wer liest ihn schließlich? Welches Feedback hatten Sie
bisher?
Dimitris Makrystathis: Allen Widrigkeiten der heutigen Zeit zum Trotz und
mit großem Tatendrang hat eine Gruppe von jungen Freiwilligen aus ganz
Griechenland die Initiative ergriffen, eine Studie, nämlich den Jahresbericht
für die Jugend 2009, zu erstellen. Die konkrete Studie hat eine besondere
Bedeutung, zumal sie erstmals in Griechenland von einem unabhängigen Träger
durchgeführt wurde. Das soziale und politische Engagement der jungen Menschen,
die Gesetzgebung, die sie betrifft, die Bildungsstrukturen, die modernen Formen
der Kommunikation, die Programme – griechische und europäische –, zu denen sie
Zugang haben, ebenso wie ihre Finanzierungsquellen waren einige der Aspekte, um
die es in diesem gesamtgriechischen Bericht geht, dessen Ambition es ist, sich
im Bereich der Jugend-NGOs zu etablieren. Diese Initiative wird bis heute mit
großem Erfolg fortgesetzt. Alle Berichte befinden sich bereits in Hochschul-
und Fachhochschulbibliotheken in ganz Griechenland und sind kostenlos
zugänglich für die Öffentlichkeit – ob für Forschungszwecke oder zur
persönlichen Information von interessierten jungen Menschen.
Für wann ist die
Veröffentlichung des neuen Berichts vorgesehen?
Dimitris Makrystathis: Wir hoffen, dass Ende 2015 die Neuausgabe unseres
Berichts fertig gestellt sein wird. Wir legen besonderen Wert auf die Qualität
des Materials und wir konzentrieren uns auf die Dokumentation der Daten und die möglichst effizienteste
Präsentation der Fakten.
Vor einiger Zeit haben Sie
gesagt, dass die Situation in Griechenland im Hinblick auf die Jugend relativ
desolat sei. Wie sollen wir uns das vorstellen?
Dimitris Makrystathis: Leider ist die Situation alles andere als rosig für
die Jugend in Griechenland. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt konstant bei über
50% und viele Jugendliche – die meisten gut qualifiziert – sehen sich
gezwungen, ins Ausland auszuwandern. Auf der anderen Seite sind die staatlichen
Förderstrukturen für die Jugend fast nicht vorhanden oder werden kaum bedient,
aufgrund ihrer Unterfinanzierung bzw. des schlechten Managements. All das führt
dazu, dass die Mehrheit der jungen Menschen pessimistisch bezüglich ihre
Zukunft sind, und trägt zur Verschärfung der sozialen Probleme bei, wie
beispielsweise die Zunahme des Extremismus.
Im Juli haben Sie im Rahmen der
Vorbereitungsarbeit für das Deutsch-Griechische Jugendwerk als Vertreter von
Youthnet am Treffen mit deutschen Akteuren teilgenommen. Was hat diese
Begegnung Youthnet gebracht - auch im
Hinblick auf zukünftige Aktivitäten?
Dimitris Makrystathis: Diese Begegnung mit den deutschen Trägern war
besonders wichtig für uns. Leider hatten wir wegen des dichten Programms und
des engen Zeitplans nicht die Möglichkeit gehabt, unsere „Vision“ dieser neuen
Institution vollständig darzustellen. Wir hatten allerdings Gelegenheit zu
einem Meinungsaustausch mit den deutschen Akteuren, über Themen von gemeinsamem
Interesse zu diskutieren und zukünftige Aktionen gemeinsam mit der deutschen
Seite zu planen. Auch konnten wir das Bild der griechischen Jugend in den
Zeiten der Krise präsentieren, aber auch wertvolles Wissen über Bereiche und
Aktionen bekommen, die für uns von Interesse sind. Dieses Treffen war im Grunde
ein wertvoller Austausch und wir hoffen, dass es bald wieder stattfindet.
Und eine letzte Frage: Wie
„träumen“ Sie von einem solchen Jugendwerk?
Dimitris Makrystathis: Wir sind uns der Schwierigkeiten, die mit der
Errichtung eines Deutsch-Griechischen Jugendwerks einhergehen, bewusst. Wir
hoffen aber, dass es Fortschritte geben wird und dass es sehr bald Realität
wird. Wir glauben, dass diese Institution den Trägern der Jugendarbeit in Griechenland
wie in Deutschland den notwendigen Impuls geben wird, um mehr gemeinsame
Aktionen zu entwickeln und sich näher zu kommen. Die bilaterale Kooperation
unserer Länder ist besonders jetzt wichtig, wo die Jugend hart geprüft wird.
Dieses Jugendwerk soll einen „Knotenpunkt“ und ein „Bindeglied“ zwischen der
Zivilgesellschaft Griechenlands und Deutschlands darstellen, sie stärken und
ihre Initiativen mit Taten unterstützen!
Wir danken Ihnen sehr!
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