Die jungen Leute sind am meisten betroffen
Seit Jahren hört man es täglich in deutschen Medien:
Europa in der Krise, Griechenland in der Krise. Doch was bedeutet das für die
Menschen in Griechenland konkret? Wie hat sich ihr Leben verändert? Steffen
Haake hat bei zwei Griechen nachgehorcht.
Fotinos Pagiavlas, Verkehrspolizist und gewählter
Gewerkschaftsvertreter in Athen, und Dimitris Makrystathis, Vorsitzender der
NGO Youthnet Hellas und Mitglied im Jugendbeirat des Europarats, müssen nicht
lange nachdenken, wenn man sie nach den Auswirkungen der Krise auf ihr Leben
fragt.
25 Prozent weniger Lohn
Pagiavlas arbeitet sechs Tage pro Woche, darunter
mindestens zwei Nachtschichten. Der Polizist kontrolliert den Verkehr und sorgt
auch bei Demonstrationen oder Staatsbesuchen für Sicherheit. „Mir macht es
nichts aus, mitten auf einer Kreuzung zu stehen oder Proteste abzusichern, das
sind Aufgaben, die gemacht werden müssen“, sagt Pagiavlas. Monatlich bekommt er
dafür 1.000 Euro Lohn, früher waren es 1.300 Euro – wegen der Krise sind die
Löhne um durchschnittlich 25 Prozent gekürzt worden.
Doch Geld ist es nicht, das ihn antreibt, sich in der
Gewerkschaft für die Rechte seiner Kolleginnen und Kollegen einzusetzen. „Für
mich waren die Lohnkürzungen nicht so schlimm, ich mache einfach keine Reisen
mehr“, scherzt Pagiavlas. Der Antrieb für sein Engagement liegt in seiner
Überzeugung von einer offenen Gesellschaft: So war er der erste Athener
Polizei-Gewerkschafter, der an einer Demonstration für die Rechte Homosexueller
teilnahm. „Ich selbst habe eine Freundin und möchte auch eine Frau heiraten.
Aber ich hielt es für wichtig, mich für die Rechte meiner schwulen Kollegen
einzusetzen“, sagt er. Keine Selbstverständlichkeit. Nach der Demo hätten ihn
zwar einige bewundert, aber viele seiner Kollegen hätten nicht mehr mit ihm
geredet.
Kampf gegen Rechts
Seitdem Europa in der Krise ist und Griechenland
besonders unter der Austeritätspolitik beziehungsweise den staatlichen
Sparmaßnahmen leidet, ist Pagiavlas der Kampf gegen Rechts ein besonderes
Anliegen. Schließlich fürchtet er den Aufstieg nationalistischer und rassistischer
Bewegungen, die die Menschen mit einfachen Erklärungen für komplexe Probleme
verführen.
Daher beteiligt er sich an einem Projekt des Athener
Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung gegen rechte Organisationen. Auf diese Weise
hofft er daran mitwirken zu können, Griechenland durch die Krise in eine
bessere Zukunft zu manövrieren.
Die verlorene Generation
Die Zukunft ist es auch, die Dimitris Makrystathis
beschäftigt – denn die gehört schließlich der Jugend, für die er sich mit
Youthnet Hellas im Jugendbeirat des Europarates einsetzt. „Die Jugend ist aber
auch die Gegenwart. Wir sind jetzt da, wir wollen jetzt mitreden“, sagt
Makrystathis.
Er ist sich sicher: Jugendliche sind die Menschen, die
am meisten unter der Krise zu leiden haben. Er nennt seine Generation die
„verlorene Generation“, da sie ihrer Chancen beraubt wurde. Doch es gibt noch
eine weitere Generation – die fehlende: Geht man durch die Straßen Athens, so
fällt auf, dass es wenige Kinder gibt. Makrystathis und Pagiavlas sind sich
einig: „Die Leute bekommen keine Kinder, weil sie es sich nicht mehr leisten
können“, klagen sie. Auch Pagiavlas hat deshalb bisher auf Kinder verzichtet.
„Einige meiner Kollegen haben Kinder und einen Kredit, die wissen nicht mehr,
wie sie das bezahlen sollen.“
Weiter kämpfen
Das
sind düstere Aussichten, die für die beiden engagierten Griechen jedoch Ansporn
sind, weiter zu machen. Makrystathis will sich weiter im Jugendbeirat des
Europarates einsetzen und der Jugend auf europäischer Ebene mehr Gehör
verschaffen. Pagiavlas wird in verschiedenen Netzwerken weiter gegen Rechts,
Diskriminierung und fallende Löhne kämpfen.
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